Was ist eine Markenidentität und wie kann ich diese bestimmen?
Bevor wir eine Marke, ein Produkt, eine Dienstleistung oder sogar uns selbst vermarkten, ist es wichtig zu wissen WAS genau wir vermarkten wollen. Hier könnte man die Frage stellen: „Wer bin ich?“. Dabei ist es unwichtig ob damit ein immaterielles Gut, eine Sache oder eine menschliche Person gemeint ist. Es ist essentiell sich darüber im Klaren zu sein was für eine Identität man hat oder beabsichtigt zu haben. Dieser Artikel ist ein Exkurs in die Identitätsfindung als Marke.
Wer kam auf die Idee Marken zu „vermenschlichen“?
Die sozialwissenschaftliche Identitätsforschung bildet den Ausgangspunkt für die Erklärung der Markenidentität (vgl. Burmann et al., 2015, S. 32). Grundlegende Erkenntnisse sind auf John Locke zurückzuführen. Er lebte von 1632 bis 1704 und gilt als Begründer der Identitätsforschung (vgl. Thiel, 2001, S. 79 f.). Für den Menschen gibt es zum einen die Identität als Person und zum anderen die Identität als Mensch. Letzteres wird durch das Vorhandensein des materiellen menschlichen Körpers begründet. Die Identität als Person bezieht sich auf die immateriellen Denkmuster und das Bewusstsein (vgl. Welling, 2003, S. 13 ff.). Diese entstehen durch die Aufnahme und Reflexion der Erkenntnisse und Erfahrungen über sich selbst (vgl. Conzen, 1990, S. 72 f.). Es ist ein Selbstkonzept und als Selbstbild zu bezeichnen (vgl. Frey, Haußer, 1987, S. 20).
Die Konzepte zur Entstehung der Identität haben sich mit der Zeit weiterentwickelt und werden an dieser Stelle nicht weiter erläutert. Die Markenidentität wird aus der sozialwissenschaftlichen Identitätsforschung hergeleitet. Durch die Konfrontation des Selbstbilds mit dem Fremdbild entsteht die Identität einer Person, genauso wie es bei der Markenidentität der Fall ist. Das Fremdbild wird durch bestimmte Erwartungen geprägt und als Image bzw. Markenimage bezeichnet (vgl. Burmann et al., 2015, S. 34). Diese Erwartungen der externen Individuen beruhen auf den Erkenntnissen und Erfahrungen, die an den Berührungspunkten mit einer Person bzw. einer Marke gesammelt wurden. Dabei wird die Markenidentität nicht durch eine einzige Person, sondern durch eine Gruppe von Führungskräften und Mitarbeitern gebildet (vgl. Keupp, 2008, S 35 ff.). Die Charakteristiken der eigenen Identität dienen zur Abgrenzung gegenüber externen Identitäten und bieten eine Orientierung für die eigenen Aktivitäten, die mit dem Selbstbild vereinbar sind (vgl. Müller, 1987, S. 1098). In diesem Zusammenhang wird das Selbstbild kontinuierlich mit dem Fremdbild verglichen. Die daraus abgeleiteten Diskrepanzen werden analysiert und weiterentwickelt, um eine möglichst positive Übereinstimmung der Markenidentität mit dem Markenimage zu erhalten (vgl. Weidenfeld, 1983, S. 19). Aus der sozialwissenschaftlichen Identitätsforschung werden vier grundlegende Komponenten zur Identität von Individuen abgeleitet und auf die Markenidentität bezogen (vgl. Burmann et al., 2015, S. 34).
Tabelle 1: Konstitutive Merkmale des Identitätsbegriffs (Quelle: In Anlehnung an Meffert, Burmann, 1996, S. 29)
Individuen |
Marken |
|
---|---|---|
Wechselseitigkeit |
Identität entsteht erst durch die in Beziehung Setzung der eigenen Person zu anderen Menschen und des Erkennens des Andersseins. |
Die Markenidentität entsteht erst durch den Vergleich der eigenen Marke mit anderen Marken (sich in Beziehung zu anderen setzen und abgrenzen). |
Kontinuität |
Beibehaltung essenzieller Merkmale über die Zeit zur Identifikation der Person (zeitraumbezogen). Diese Merkmale beschreiben die Art und das Wesen der Person. Akzidentielle Merkmale der Identität können sich im Zeitverlauf verändern. |
Beibehaltung der essentiellen, den Identitätskern definierenden Markenmerkmale im Zeitablauf. |
Konsistenz |
Widerspruchsfreie Kombination von Persönlichkeitsmerkmalen (zeitpunktbezogen). |
Vermeidung von Widersprüchen im Markenauftritt an allen Brand-Touch-Points und im Verhalten von Führungskräften und Mitarbeitern der Marke. Laufende Abstimmung der essentiellen und akzidentiellen Merkmale. |
Individualität |
Biologisch und soziologisch bedingte Einzigartigkeit des Individuums. |
Einzigartigkeit wesentlicher Identitätsmerkmale im Vergleich zu konkurrierenden Leistungsangeboten. |
Wie bereits zuvor erwähnt entsteht die Identität durch das Wechselspiel zwischen dem Selbstbild und dem Fremdbild. Hier geht es nicht nur um das Image bei externen Gruppen, sondern auch um die eigene Wahrnehmung des Images anderer Akteure aus der Umwelt. Hiermit entsteht die Möglichkeit die eigene Identität von den Identitäten der Anderen abzugrenzen (vgl. Frey, Haußer, 1987, S. 17 f.). Auch die Markenidentität entsteht durch die Differenzierung vom Wettbewerb (vgl. Burmann et al., 2015, S. 35).
Bei der Kontinuität wird die Essenz der Identität, mit Hilfe von beibehaltener Merkmale, über einen längeren Zeitraum gebildet. Ohne diese Merkmale kann eine Markenidentität nicht aufgebaut werden. Im Verlauf können akzidentielle Merkmale sich über den Zeitraum verändern, aber nicht zu einem Identitätsverlust führen (vgl. Böhm, 1988, S. 48 f.). Ein akzidentielles Merkmal wäre beispielsweise die wirtschaftliche Situation einer Person oder einer Marke (vgl. Burmann et al, 2015, S. 35).
Die Konsistenz hingegen ist zeitpunktbezogen und beabsichtigt einen widerspruchsfreien Vergleich zwischen der Identität und dem Image (vgl. Wiedmann, 1994, S. 1041). Folglich sollten alle Unternehmensaktivitäten an den Brand Touch Points und interne Prozesse sowie Verhaltensweisen aufeinander abgestimmt sein. Woraufhin eine eindeutige und widerspruchsfreie Markenidentität gebildet werden kann (vgl. Burmann et al., 2015, S. 37).
Das letzte konstitutive Merkmal ist die Individualität, also die Einmaligkeit eines Individuums oder einer Marke. Diese entsteht durch ein einzelnes oder mehrere einzigartige Merkmale der Markenidentität im Vergleich zur Konkurrenz (vgl. Burmann et al., 2015, S. 37).
Die Bildung der Markenidentität ist der Grundbaustein für das Vertrauen der internen und externen Zielgruppen (vgl. Burmann et al., 2015, S. 37). Die einzelnen Komponenten der Markenidentität sichern und repräsentieren die Bereitschaft und Fähigkeit eine Leistung zu erbringen. Das Vertrauen des Nachfragers in eine Marke senkt die subjektiv wahrgenommenen Transaktionskosten und bietet einen Wettbewerbsvorteil für den Anbieter. Wenn das Vertrauen des Nachfragers in eine Marke steigt, dann sinkt das wahrgenommene Risiko mit dem Erwerb eines Produkts oder einer Dienstleistung eine Fehlentscheidung zu treffen (vgl. Plötner, 1995, S. 11-13). Resultierend daraus werden Kunden gebunden und eine positive Mundpropaganda gefördert.
Brand Personality Scale nach Jennifer Aaker
Jennifer Aaker hat 1997 den bisher bekanntesten Ansatz zur Markenpersönlichkeitsentwicklung veröffentlicht (vgl. Aaker, 1997, S. 347-356). Bei dem Brand Personality Scale sind die folgenden fünf Komponenten für die Bildung einer Markenpersönlichkeit von Bedeutung: „Aufrichtigkeit, Erregung/Spannung, Kompetenz, Kultiviertheit und Robustheit“ (vgl. Aaker et al., 2001). Jedoch wurde die Allgemeingültigkeit dieses Modells bis heute nicht bewiesen und es existieren andere spezifizierte Markenpersönlichkeitsskalen für verschiedene Länder sowie Produkt- und Dienstleistungskategorien (vgl. Schade et al., 2014). Im Folgenden werden einige dieser Modelle erläutert.
Aaker und Joachimsthaler haben das Brand-Leadership-Modell aufgestellt. In diesem Fall basiert eine starke Marke auf einer tiefgründigen und detaillierten Markenidentität (vgl. Esch, 2005, S. 113). Diese Identität setzt sich nach dem folgenden Modell aus einer Markenessenz, Kernidentität und erweiterten Markenidentität zusammen.
Die erweiterte Markenidentität beinhaltet die vier Bestandteile: Marke als Symbol, Marke als Person, Marke als Produkt und Marke als Organisation (vgl. Aaker, Joachimsthaler, 2001, S. 54). In diesen vier Kategorien sind alle Identitätsmerkmale enthalten, die die Markenessenz nicht bestimmen und im Zeitablauf angepasst werden können. Abgesehen davon bezieht sich jedes Element der erweiterten Markenidentität auf die Kernidentität (vgl. Aaker, 1996, S. 88). Im Unterschied dazu sind in der Kernidentität zeitlose charakteristische Merkmale vorhanden, die z. B. im Falle einer Produktinnovation oder Marktdurchdringung nicht angepasst werden. Sie beinhaltet typischerweise bis zu vier Merkmale, die die Vision der Marke repräsentieren (vgl. Esch, 2005, S. 113). Hierbei werden die Kernkompetenzen zusammenfassend dargestellt. Die Kernidentität kommuniziert dem Nachfrager in einer Formulierung, welcher Nutzen durch die Marke geboten wird.
Die Markenessenz beschreibt bestenfalls in einem eindeutig formulierten Satz, wofür die Marke steht. Dabei ist es kein Slogan, der für die externe Kommunikation genutzt wird. Die Markenessenz stellt die langfristige Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb dar und soll den wahrgenommenen Markenwert im relevanten Markt beeinflussen (vgl. Aaker, Joachimsthaler, 2001, S. 55 f.). Des Weiteren dient sie der Kommunikation an die internen Anspruchsgruppen des Unternehmens. Die Mitarbeiter und Führungskräfte sollen sich mit der Marke identifizieren und motiviert werden sich markenidentitätskonform zu verhalten (vgl. Aaker, Joachimsthaler, 2001, S. 53-57). Die Markenessenz verdichtet die Merkmale der Kernidentität und ergänzt diese um Faktoren, die gemeinsam die Markenseele darstellen (vgl. Esch, 2005, S. 113).
Der Identitätsansatz nach Aaker und Joachimsthaler vernachlässigt die emotionale Dimension der Markenidentität. Dieser Aspekt wird zwar in der „Marke als Person“ dargestellt, aber reicht nicht für die detaillierte Definition nicht-funktionaler Nutzen. Ebendiese sind bedeutsam, um die Marke dem Nachfrager näher zu bringen. Die heutigen Märkte sind zumeist gesättigt und haben zunehmend homogene Produkte und Dienstleistungen. Jene unterscheiden sich nicht über funktionale, sondern nicht-funktionale Nutzen. Erst dadurch kann eine eindeutige Differenzierung der Marke gegenüber dem Wettbewerb durchgeführt werden. Außerdem vernachlässigt dieses Modell die interne Markenführung. Die Identifikation der Mitarbeiter mit der Marke ist für ihren Aufbau ausschlaggebend. Im Endeffekt empfehlen wir dieses klassische Modell, aufgrund der vorhandenen Defizite, nicht zur Markenidentitätsbestimmung.
Das Identitätsprisma von Kapferer
Dies wird als das älteste Modell zur Erfassung der Markenidentität bezeichnet. Laut Kapferer muss die Markenidentität materielle und immaterielle Eigenschaften besitzen, die die Wurzeln und Werte der Marken zum Ausdruck bringen (vgl. Kapferer, 1992, S. 50 ff.). Die Markenidentität wird bei diesem Ansatz in einem Prisma mit sechs Faktoren dargestellt. Diese werden dem Bild des Senders bzw. dem Image des Unternehmens, dem Bild des Empfängers bzw. dem Image der Zielgruppe sowie einer Innen- und Außen-Orientierung zugeordnet (vgl. Kapferer, 2008, S. 183).
Bei diesem Modell stehen sich das Bild des Senders, Bild des Empfängers, Unternehmensimage und das Image der externen Zielgruppe gegenüber (vgl. Hofbauer, Schmidt, 2007, S. 46). Auf der linken Seite werden die Komponenten zusammenfassend betrachtet, die die Ausrichtung der Marke auf den Markt charakterisieren. Hierzu zählen das Erscheinungsbild der Marke, die Beziehung zum Nachfrager und die Reflexion der Marke durch die externen Anspruchsgruppen (vgl. Hofbauer, Schmidt, 2007, S. 46).
Das Erscheinungsbild wird auch als Beschaffenheit bezeichnet, bei dem alle wahrnehmbaren Eigenschaften der Marke zusammengefasst werden (vgl. Kapferer, 1992, S. 56). Sie beschreibt den gesamten wahrgenommenen Markenauftritt, der alle funktionalen Merkmale der Marke beinhaltet (vgl. Esch, 2005, S. 112). Diese Merkmale bilden die Grundlage für den Aufbau der Markenidentität.
Die Beziehung beschreibt den Bezug zum Verbraucher, indem eine Kommunikation zwischen der Marke und dem Nachfrager entsteht (vgl. Kapferer, 1992, S. 56 ff.). Sie beinhaltet die Art und Weise, wie die Marke zwischenmenschliche Beziehungen gestalten möchte (vgl. Esch, 2005, S. 112). So vermittelt die Merci-Schokolade Dankbarkeit und die Milka Lila-Herzen Zuneigung an die Beschenkten (vgl. Esch, 2005, S. 112 f.).
Darüber hinaus können Marken soziale Gruppenzugehörigkeit zum Ausdruck bringen. Die spontane Zuordnung der Marke durch den Verbraucher wird in der Reflexion zusammengefasst (vgl. Kapferer, 1992, S. 56 f.). Die Reflexionen der externen Zielgruppen beschreiben die abgeleitete Vorstellung eines typischen Kunden der Marke (vgl. Esch, 2005, S. 112). Hierbei wird davon ausgegangen, dass jede Marke einen idealisierten Käufertyp hat (vgl. Esch, 2005, S. 112). Das Erscheinungsbild, die Beziehung und Reflexion sind die nach Außen wirksamen Faktoren der Markenidentität und stehen den Faktoren der Innen-Orientierung gegenüber.
Auf der rechten Seite des Identitätsprismas konzentrieren sich die drei Komponenten auf die von unternehmensintern ausgelebte Markenidentität (vgl. Hofbauer, Schmidt, 2007, S. 46). Diese wird durch die Persönlichkeit und Kultur der Marke sowie das Selbst-Image der Nachfrager gebildet. Die Markenpersönlichkeit wird durch die menschlichen Eigenschaften erschaffen, die mit der Marke assoziiert werden (vgl. Hofbauer, Schmidt, 2007, S. 47). Unter der Markenkultur wird das gelebte und individuelle Wertesystem der Marke verstanden. Das Selbst-Image beschreibt die Beweggründe des Nachfragers zur Nutzung der Marke, um das eigene Selbstbild zu unterstützen (vgl. Kapferer, 1992, S. 57 ff.). Wie z. B. die Mehrheit der Porsche-Fahrer ihren Erfolg der Außenwelt präsentieren wollen (vgl. Hofbauer, Schmidt, 2007, S. 47).
Das Markenidentitätsprisma berücksichtigt das Unternehmensimage, das Selbstbild der externen Zielgruppen und die Außen- und Innenorientierung. Im Zuge dessen ist eine direkte Überprüfung der Diskrepanzen zwischen der Markenidentität und dem Markenimage nicht möglich. Die vier Betrachtungsperspektiven überschneiden sich und die sechs Markenidentitätskomponenten können nicht klar voneinander abgegrenzt werden. Diese Überschneidung findet vor allem bei den Komponenten Persönlichkeit, Selbst-Image und Beziehung statt (vgl. Esch, 2005, S. 124). Außerdem wird keine Gewichtung der verschiedenen Komponenten vorgenommen. Aufgrund dieser Schwachstellen des Modells empfehlen wir dieses nicht zu verwenden.
Das Markenidentitätsmodell nach Burmann (mit Beachtung des Markenimages)
Nach Burmann wird die Markenidentität durch ein Mitarbeiter-gelebtes System von Normen und Werten manifestiert (vgl. Burmann et al., 2015, S. 40). Dabei beeinflusst die Unternehmenskultur maßgeblich die Markenidentität. Eine klare Markenidentität beinhaltet die folgenden Merkmale: Nutzenversprechen und Leistungsprogramm, Persönlichkeit, Vision und Werte, sowie klare Kompetenzen und eine Herkunft (vgl. Burmann et al., 2015, S. 43). Die folgende Darstellung stellt die einzelnen Komponenten mit ihren Wirkungsrichtungen dar.
Die Herkunft der Marke stellt die Grundlage für das eigene Selbstbild und die Selbstreflexion dar (vgl. Burmann et al., 2015, S. 43). Sie setzt sich aus drei Komponenten zusammen: der räumlichen Herkunft sowie Unternehmens- und Branchenherkunft (vgl. Becker, 2012, S. 59). Dabei kann die regional-kulturelle Herkunft einer Marke ebenso eine wichtige Rolle spielen (vgl. Burmann et al., 2015, S. 45). Beispielsweise wird die Biermarke Paulaner als bayerisches Bier und nicht deutsches Bier wahrgenommen. Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Markenherkunft die Wahrnehmung der Marke stark beeinflusst.
Durch die unternehmensinternen Ressourcen, Fähigkeiten und Fertigkeiten werden die Markenkompetenzen aufgebaut, die das Erreichen eines Wettbewerbsvorteils ermöglichen. Hier entsteht das Fundament für das Markennutzenversprechen und die Orientierung für Mitarbeiter zum Ausbau relevanter Kompetenzen (vgl. Burmann et al., 2015, S. 43). Um den Unternehmenserfolg langfristig zu sichern, muss die Marke mit Hilfe ihrer Kernkompetenzen einen äquivalenten oder überlegenen Kundennutzen aufbauen. Wesentliche Kompetenzen und Kernkompetenzen eines Markenunternehmens können in die Bereiche Veredlungs-, Marktzufuhr- und Meta-Kompetenzen unterteilt werden (vgl. Burmann et al., 2015, S. 49). Veredlungskompetenzen hängen mit der Gestaltung der Leistungsbereitschaft und Marktzufuhrkompetenzen mit der Gestaltung der Leistungserstellung zusammen. Die Meta-Kompetenzen unterstützen die beiden zuvor genannten Kompetenzen. Dabei sind alle Kompetenzen und Kernkompetenzen einer Marke temporär und bedürfen ihrem Ausbau zur langfristigen Sicherung der Differenzierung, des Wettbewerbsvorteils und dem damit einhergehenden Unternehmenserfolg (vgl. Burmann et al., 2015, S. 50).
Zur ersten Gruppierung gehören die Kompetenzen der strategischen Planung und Absorption von Informationen. Bei der strategischen Planung werden die internen Wertschöpfungsketten zielorientiert auf das Markennutzenversprechen ausgerichtet. Die Informationsabsorptionskompetenz dient der Wahrnehmung von externen Markt-, Trend- und internen Mitarbeiterinformationen sowie der entsprechenden Reaktion darauf. Auf Grundlage von den Veredlungskompetenzen, wird die Entwicklung des Markennutzenversprechens strategisch geplant (vgl. Burmann et al., 2015, S. 49). Diese Kompetenzen sind notwendig, um vorhandene Kompetenzen und Ressourcen weiterzubilden als auch den Unternehmenserfolg langfristig zu sichern. Daneben ermöglichen Marktzufuhrkompetenzen die Hervorbringung eines marktfähigen Angebots. Hierbei werden gegenwärtig vorhandene Leistungsbereitschaften aktiviert, um Leistungsangebote zu erstellen und in den Markt zu bringen (vgl. Burmann et al., 2015, S. 50).
Die Evolutionskompetenz des Unternehmens gestattet die Marke fortlaufend den Umwelt- und Wettbewerbsbedingungen anzupassen (vgl. Burmann et al., 2015, S. 50). Hiermit wird die langfristige Aufrechterhaltung der Markendifferenzierung ermöglicht. Die interne Markendurchsetzungskompetenz beschreibt die Fähigkeit des Unternehmens die internen Markenführungsmaßnahmen, wie den Aufbau von Markenwissen und Mitarbeitertreue, durchzusetzen (vgl. Burmann et al., 2015, S. 50). Zuletzt sorgt die Markenumsetzungskompetenz für eine hohe Übereinstimmung zwischen dem Markenimage und der darauf aufbauenden Markenpositionierung. Denn im Rahmen von der Markenpositionierung werden die operativen Maßnahmen an den Brand Touch Points durchgeführt, die dann das Markenimage bei den externen Zielgruppen aufbauen (vgl. Burmann et al., S. 50). Die letzten beiden Meta-Kompetenzen, nämlich die Kundenbindung und Akquisition, stellen für die identitätsbasierte Markenführung grundlegende und erfolgsrelevante Komponenten dar (vgl. Burmann et al., 2015, S. 50).
Im Gegensatz zu den Kompetenzen bestimmt die Markenvision die langfristigen Unternehmensziele. Jene werden in der Regel nach einem Zeitraum von fünf bis zehn Jahren erreicht (vgl. Burmann et al., 2015, S. 47). Die Markenvision bildet die Grundlage für die Motivation der Mitarbeiter, Investoren und das Kaufverhalten der Nachfrager. Sie beinhaltet Glaubenssätze, die die internen und externen Zielgruppen dazu bringen sich mit der Marke zu identifizieren und markenidentitätskonform zu handeln (vgl. Ind, 2003, S. 395). Neben der Markenvision gibt es noch Markenziele, die konkreter formuliert und kurzfristig zu erreichen sind (vgl. Burmann et al., 2015 S. 48). Die Markenvision sollte langfristig realisierbar sein und Differenzierungsmerkmale gegenüber der Konkurrenz mit sich bringen. Dadurch steigt die Identifikation der Mitarbeiter mit der Marke und die Motivation gemeinsam auf ein unternehmensrelevantes Ziel hinauszuarbeiten, sowie die dafür notwendigen Kompetenzen aufzubauen (vgl. Kapferer, 1992, S. 110 f.).
Die Wertvorstellungen repräsentieren die Grundüberzeugungen bzw. die Moral und erstrebenswerte Eigenschaften für die Marke und die internen Anspruchsgruppen (vgl. Burmann et al., 2015, S. 43). Sie sollten von den Führungskräften und Mitarbeitern tatsächlich gelebt und nach außen hin präsentiert werden (vgl. Burmann et al., 2015, S. 50). Die richtige Auslebung der Markenwerte bildet dadurch die emotionale Markendifferenzierung, vermittelt die nicht-funktionalen Nutzen der Marke und verleiht ihr Authentizität (vgl. Schallehn, 2012, S. 31). Hierfür sollten die Markenwerte klar formuliert und langfristig umgesetzt werden.
Insgesamt bestimmt die Markenpersönlichkeit die Art der internen und externen Kommunikation, sowohl verbal als auch nonverbal (vgl. Burmann et al., 2015, S. 43). Marken sollten über persönliche Merkmale verfügen, die die Marke vermenschlichen, um die Interaktion mit externen Zielgruppen zu vereinfachen (vgl. Aaker, 1997, S. 347 ff.). Diesbezüglich wird innerhalb der identitätsbasierten Markenführung eine vom Wettbewerb differenzierte Soll-Persönlichkeit der Marke formuliert und konsequent aufgebaut (vgl. Burmann et al., 2015, S. 52).
Die Art der angebotenen Leistungen einer Marke wird vor allem auf Grundlage der vorhandenen Markenkompetenzen festgelegt (vgl. Burmann et al., 2015, S. 54). Diese Komponente der Markenidentität stellt den funktionalen Nutzen der Marke dar. Die Produktpolitik entscheidet dann anhand der Form und Art der Markenleistung, welche definierten Produkte und/oder Dienstleistungen angeboten werden (vgl. Burmann et al., 2015, S. 54). Beispielsweise ist die definierte Markenleistung von Dyson bestehende Produkte fortlaufend zu verbessern. So haben sich die angebotenen Produkte vom beutellosen Staubsauger vervielfältigt und das Unternehmen ist in andere Produktkategorien, wie Handtrockner und Ventilatoren, eingedrungen (vgl. Burmann et al., 2015, S. 54 f.).
Die Bildung eines Markenimages bei den externen Anspruchsgruppen wird durch die Bekanntheit des Anbieters realisiert. Das Ziel ist die Marke mit ihren Kennzeichen im Bewusstsein der Nachfrager so zu platzieren, dass sie sich an die Marke erinnern und diese auch wiedererkennen. Das wird auch als Brand Recall bzw. ungestützte Markenbekanntheit und als Brand Recognition bzw. gestützte Markenbekanntheit bezeichnet (vgl. Aaker, 1991, S. 61). Die Markenbekanntheit stellt keinen Faktor des Markenimages dar, sondern ist die unumkehrbare Voraussetzung für ihren Aufbau (vgl. Burmann, et al., 2015, S. 57).
Die funktionalen und nicht-funktionalen Nutzen für die einzelnen Nachfrager ergeben sich aus den subjektiv wahrgenommenen Markenattributen, die durch Markenpositionierungsmaßnahmen an den Brand Touch Points vermittelt werden (vgl. Keller, 1991, S. 17). Aus diesen Markenattributen ergibt sich die Befriedigung der Kundenbedürfnisse und somit der wahrgenommene Markennutzen (vgl. Perrey, 1998, S. 12). Der funktionale Markennutzen hängt hauptsächlich vom Wissen des Nachfragers über die Produkt- und Dienstleistungen der Marke und ihren spezifischen Kompetenzen ab (vgl. Burmann et al., 2015, S. 58). Im Gegensatz dazu wird der wahrgenommene nicht-funktionale Nutzen überwiegend von den Werten, der Vision und der Persönlichkeit der Marke bestimmt. Dabei kann die Markenherkunft auf beide Arten von Nutzen Auswirkungen haben (vgl. Burmann et al., 2015, S. 58). So prägt die Herkunft z. B. den funktionalen Nutzen bei Automobilprodukten aus Deutschland und den nicht-funktionalen Nutzen bei Marken aus Australien, wie im Falle von Rip Curl, die für einen lockeren Lebensstil steht (vgl. Burmann et al., 2015, S. 58-59). Die funktionale Nutzenebene wird durch eine utilitaristische und ökonomische Nutzenkomponente gebildet (vgl. Burmann et al., 2015, S. 58). Die physikalisch-technischen Eigenschaften der angebotenen Leistungen sind die Grundlage für die utilitaristische Komponente. Das Preis-Leistungs-Verhältnis und die sich aus der Nutzung der Marke ergebenden finanziellen Aufwendungen spiegeln sich im ökonomischen Nutzen wieder (vgl. Stolle, 2013, S. 250 ff.).
Durch die Digitalisierung, Globalisierung, die Intensivierung des Wettbewerbs und den kontinuierlich kürzer werdenden Produktlebenszyklen, ist der Aufbau eines differenzierten Markenimages ausschließlich über funktionale Nutzen in der Regel nicht möglich (vgl. Burmann et al., 2015, S. 58). In diesem Zusammenhang kommen die nicht-funktionalen Nutzen zum Einsatz, die einen zusätzlichen Nutzen für den Nachfrager erbringen (vgl. Meffert et al., 2015, S. 333). Diese Nutzenebene wird in eine soziale (extrinsische) und persönliche (intrinsische) Nutzenebene unterteilt (vgl. Burmann, Stolle, 2007, S. 15). Beide Ebenen können im Allgemeinen als psychologischer Zusatznutzen bezeichnet werden. Der soziale Markennutzen ergibt sich aus der Bedürfnisbefriedigung zur Gruppenzugehörigkeit und Selbstdarstellung des Nachfragers (vgl. Stolle, 2013, S. 262). Die persönlichen Nutzen untergliedern sich in sinnlich-ästhetische und hedonistische Markennutzen (vgl. Stolle, 2013, S. 263 f.). Der sinnlich-ästhetische Nutzen befriedigt das Bedürfnis nach Schönheit, so dass Nachfrager auf das äußere Erscheinungsbild der Marke und ihrer Produkte sowie Dienstleistungen besonders achten. Der hedonistische Nutzen hingegen befriedigt die Bedürfnisse der Selbstverwirklichung, Lust, Genuss und Stimulation (vgl. Stolle, 2013, S. 263 f.).
Wie bereits erwähnt ist der übergeordnete Nutzen für die Nachfrager die Reduzierung der Transaktionskosten, also die Risikoreduktion. Dabei kann sich dieser übergeordnete Nutzen auf alle anderen funktionalen und nicht-funktionalen Nutzenkomponenten der Marke beziehen (vgl. Burmann et al., 2015, S. 59). Das Markenvertrauen des Nachfragers basiert auf der Annahme, dass die Marke die Fähigkeiten, Fertigkeiten und die dazugehörige Motivation besitzt das Markennutzenversprechen tatsächlich einzuhalten (vgl. Hegner, 2012, S. 59).
Das Markenimage kann nicht vom Unternehmen selbst direkt beeinflusst werden, hängt aber größtenteils von der Kommunikation mit den externen Zielgruppen an den verschiedenen Brand-Touch-Points ab (vgl. Burmann et al., 2015, S. 59). Dieser Interaktionsprozess wird durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Hierzu gehören alle unternehmensinternen Aktivitäten nach außen, dem Verhalten der Nachfrager und Konkurrenten im relevanten Markt sowie aktuellen Trends und weiteren Umweltbedingungen (vgl. Burmann et al., 2015, S. 59).
Die Modelle zur Markenidentitätsbestimmung ermöglichen es der Unternehmensführung und den Mitarbeitern sich im Sinne der Marke zu verhalten. Diese haben eine Orientierungsfunktion für die internen Anspruchsgruppen und behandeln die Marke selbst als ein wichtiges Gut. Das Brand-Leadership-Modell von Aaker und Joachimsthaler ist einfach anwendbar. Allerdings liegt hier eine besondere Herausforderung in der Unterscheidung zwischen der erweiterten Identität und der Kernidentität. Beim Identitätsprisma nach Kapferer ist es nicht ersichtlich inwieweit das Modell genutzt werden kann, um einen konkreten Orientierungsrahmen für die internen Anspruchsgruppen zu erstellen. Die Betrachtung der Innen- und Außenwirkung einer Marke reicht nicht aus, um detaillierte Handlungsempfehlungen abzuleiten. Das Identitätsmodell nach Burmann ist verständlich, einfach anzuwenden, aber rein selbstbezogen. Hierdurch wird kein Abgleich des Selbstbilds mit dem Fremdbild durchgeführt.
Abschließend ist zu sagen, dass es kein perfektes Modell für die Markenidentitätsbestimmung in der Theorie gibt. Jedes Unternehmen, jede Marke sowie jeder Mensch haben viele individuelle Charakterzüge, die in Ihrer Fülle nicht von jedem Modell abgebildet werden können. Es empfiehlt sich unterschiedliche Modelle miteinander zu kombinieren und diese den eigenen Eigenschaften nach abzuändern.
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